Die Haushaltsrede 2021 unseres Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Curth

Wolfgang Curth
Wolfgang Curth


Liebe Kolleginnen und Kollegen,


auch von mir müssen Sie sich heute wahrscheinlich zum letzten Mal meine Meinung zu den Vorgängen in unserer Gemeinde anhören.


Wenn man sich so ziemlich am Ende eines Tagesordnungspunktes zu Wort meldet, ist das meiste schon gesagt. Für und Wider sind ausgetauscht, jeder glaubt sich im Recht, die wenigsten wissen aber worum es eigentlich geht. 

Ich persönlich habe mich immer geärgert, wenn ich mir anhören oder lesen musste, dass sich die CDU in Kirchheim „immer dagegen“ verhält. 

Das ist nicht richtig.   Nicht immer!  Die meisten Anträge, sogar die von der SPD, haben wir mit unterstützt. 

Die Verweigerungen haben wir dagegen tatsächlich bei den Haushalten ausgeübt. 

Und das war und ist richtig so.

Wer also genau recherchiert, wird feststellen, dass die Neinsager nicht bei der CDU sitzen.


In anderen Gemeinden werden die Gemeindevorstandsmitglieder, die Fraktionen und die Ortsbeiräte bei der Aufstellung der Haushalte mit eingebunden. Dabei werden Wünsche und Anregungen gesammelt und wenn möglich im Haushaltsplan mit angesetzt. Nicht zuletzt fließt  auf diese Weise auch eine Menge externer Sachverstand mit in die Beratungen. Früher wurden auch in Kirchheim – wenn auch nur in bescheidenen Maß – diese Regeln beachtet.

In den letzten 25 Jahren wurde diese normal gängige Praxis in Kirchheim nicht mehr angewandt. 

Die Bitte um vorherige Einbindung wurde ignoriert, die anschließende Kritik  und Hinweise auf „Fehler“  wurden dann  in der Öffentlichkeit als „ewiges Gejammer des CDU Fraktionsvorsitzenden“ und Neinsagers Curth dargestellt. 

Wenn man solche Kommentare gelesen hat, muss man schon mal eine Tablette mehr schlucken.


In normalen Zeiten hätten wahrscheinlich Kollegen meine Rede weiterlesen müssen, weil mir der Vorsitzende wegen Zeitüberschreitung oder etwas anderem das Wort entzogen hätte. 

Heute haben Sie Glück – wir haben CORONA und alles soll schnell gehen.


Deshalb nur ein paar kurze Anmerkungen:


Für Kirchheim und Bürgermeister Koch war und ist CORONA gewissermaßen auch ein Glücksfall.


Wir sind als eine der letzten Gemeinden in Hessen aus dem Schutzschirm entlassen worden.


Und prompt konnte ich gestern in der „HZ“ ein Interview mit unserem Bürgermeister lesen:


Kirchheim hat viel vor


Als ich dann den Artikel gelesen hatte, habe ich mir die Augen gerieben. 

Warum stellt Herr Koch in großen Teilen unsere früheren Anträge und Teile des aktuellen Wahlprogramms vor?

Ob das mit seinen künftigen Aufgaben zu tun hat? Ich weiß es nicht. 

Wenn man mich fragt, ob Herr Koch Ende März als Bürgermeister aufhört, weil er Vorsitzender der Gemeindevertretung werden will, bin ich ebenfalls überfragt. 

Warum steht er als Spitzenkandidat auf der Liste und lässt sich auch noch von engen Mitarbeiter*Innen unterstützen? Wie gesagt, ich kann es nicht beantworten.


Was ich aber weiß ist, wir sollen heute etwas beschließen, was alles schon mal da war.

Unsere Anfragen zu den Haushaltsumsetzungen 2017 bis 2020 liegen ihnen allen vor.

Ich erspare mir Einzelheiten,

Sie sollten die 17 Seiten aber nicht einfach abheften sondern auch mal durchlesen. 

Vielleicht wird ihnen dann klar, wofür sie ihre Hand gehoben haben.


Offenbar aufgrund unserer Nachfragen und Anträge werden jetzt Abschlüsse auf den Weg gebracht, auch in der Hoffnung, dass wegen CORONA über manches hinwegesehen wird, 

Wie in der Werbung zur Glücksspirale: „Glück gehabt!“


Herr Bürgermeister Koch hat eben berichtet, dass wir eine hervorragende Kassenlage hätten und Millionen übrig wären. Ich habe mal kurz überschlagen und festgestellt, dass über 6,6 Millionen nicht ausgegeben wurden. Über diese Zahlen müssen sich dann die neuen Gemeindevertreter Gedanken machen.


Normalerweise können Haushaltsreste eines Jahres durch Beschlussfassung der entsprechenden Gremien in Folgejahre übertragen werden.


In Kirchheim ist das in den letzten Jahren nicht geschehen. Deshalb  hat man beschlossen, dass keine Haushaltsreste mehr gebildet werden.


Für KiGa, Verwaltung und Feuerwehr

waren in den Haushaltsplänen vorgesehen: HH waren vorgesehen ausgegeben wurden


2017: 300.000 €


2018: 150.000 €


2019: 355.000 €


Ausgegeben wurden davon:


2017: 226.602,20 € (75%)


2018: 59.456,37 € (39%)


2019: 119.606,72 € (33%)


In 2020 wird es sicher nicht besser aussehen.



Und dann unser Sorgenkind Gemeindewerke:

Dass hier nichts passiert, sieht man. Man muss sich nur mal die öffentlichen Gebäude ansehen.

Hier neben dem Eingang kann man beobachten, dass die verfaulten Fenster im Bürgerhaus bald rausfallen. Und so gibt es mehrere Beispiele. Ich kann ihnen in Gershausen und anderswo ebenfalls runtergekommene Einrichtungen zeigen. Schauen sie sich mal das Backhaus in Reckerode an- nur halb fertig und daran ist nicht das Wetter schuld.


Also Investitionen die vom Bürgermeister verkündet wurden:


2017:    700.000 €


2018: 1.071.000 €


2019: 3.170.000 €


2020: 3.750.000 €


und ausgeführt wurden: 


2017: 234.463,37 € (33,5%)


2018: 1.119.722,79 (104,6%)


2019: 299.139,57 (9,4%)


2020: 356.908,08 (9,5%)


Vor diesem Hintergrund ist natürlich klar, dass nichts im Schuss ist. 


Ob die aufgeführten Investitionskosten nicht tatsächlich Unterhaltungskosten sind, will ich an dieser Stelle gar nicht weiter beleuchten. 


Wollten wir den „Tierpark“ nicht stilllegen?


Wie kommt es dann von 2017 bis 2019 noch zu „Tierzugängen“?

Wurden die Gemeindewerke heimlich um einen  Betriebszweig „Schäferei“ erweitert?


Dass man vor diesem Hintergrund aber den Mut besitzt,  jedes Jahr weniger zu leisten und dann jedes Jahr aufs Neue die Fehlleistungen der Vorjahre als Erfolg zu verkaufen – das ist schon eine reife Leistung.


Liebe Kolleginnen und Kollegen, so wie ich werden auch von Ihnen einige demnächst nicht mehr diesem Gremium angehören, weil sie entweder überhaupt nicht mehr antreten oder auf aussichtslosen Plätzen kandidieren. Wir können aber die Weichen für eine gute Zukunft für Kirchheim stellen,   indem wir unseren Nachfolgern die Möglichkeit geben, weitsichtige  und finanzierbare Entscheidungen – in die richtige Richtung-  zu treffen. 

Die immer offener zu Tage tretende Klientelwirtschaft muss aufhören.


Ich stelle deshalb hiermit den Antrag, den Entwurf der  vorliegenden Haushaltssatzung erneut an den HFA zur weiteren Bearbeitung zu überweisen. 


Die Ansätze für dieses Werk unseres Bürgermeisters – kein Gremium war vorher bei der Aufstellung beteiligt oder eingebunden- beruhen auf Ansätzen Anfang Oktober vorigen Jahres. Der Haushalt ist lediglich ausgeglichen – mit NULL Euro.



Dass der nicht aufgeht, darauf jede Wette. 


Wir wollen doch nicht wieder wegen neuer Schulden unsere Bürger*Innen abzocken.


Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen für die Zukunft gute Beschlüsse und Mut zu einer eigenen Meinung.


Bleiben Sie alle gesund.